00:00:00: Deutsche Bank präsentiert Perspektiven to Go.
00:00:04: Ihr Audio-Podcast rund um das Thema.
00:00:07: Die Jahresend-Relly läuft auf Hochtourn, Dachshund Co.
00:00:13: sind auf Rekordkurs, ist die wirtschaftliche und vor allem die geopolitische Lage sind
00:00:17: die Aussichten wirklich so gut, wie es die Kurse erscheinen lassen oder sind Anleger
00:00:22: zu optimistisch und blenden Risiken aus.
00:00:25: Darüber sprechen wir in der aktuellen Folge der Perspektiven to Go.
00:00:28: Wir, das sind Uli Stefan von der Deutschen Bank und ich, Jessica Schwarzer und damit herzlich willkommen.
00:00:33: Uli an der Börse gibt es scheinbar nur noch eine Richtung, aufwärts.
00:00:38: Was befeuert denn da die Jahresend-Relly eigentlich?
00:00:40: Ja Jessica, du hast gesagt, es sind die Aussichten so gut, da bin ich gar nicht so sicher,
00:00:45: weil der Rentenmarkt signalisiert doch eher eine deutliche Abschwächung.
00:00:51: Und im Zuge dieser zinsen, dieser fallenden Zinsen und vor allen Dingen auch der Erwartungen
00:00:56: an die Notenbanken, steigen dann die Aktienkurse.
00:01:00: Und da muss man glaube ich ein bisschen aufpassen, was man sich wünscht bei dieser positiven
00:01:04: Korrelation, denn sollten die Rentenmärkte recht haben und wir wirklich in eine Rezession
00:01:10: und möglicherweise sogar in eine tieferere Rezession kommen.
00:01:13: Dann würden wahrscheinlich die Gewinne der Unternehmen nicht so reinkommen, wie das
00:01:17: manch einer jetzt erwartet.
00:01:19: Wir erwarten ja ohnehin da noch mal negative Revisionen, aber die würden dann noch schlechter
00:01:24: werden, als dass vielleicht manch einer heute annimmt und vor allen Dingen würden auch
00:01:28: die Bewertungen nicht mehr so hoch sein, also die PIs fallen.
00:01:32: Und vor diesem Hintergrund gibt es aus meiner Sicht schon eine gewisse Diskrepanz im Moment
00:01:37: zwischen dem Aktienmarkt und dem Rentenmarkt, weil der Rentenmarkt, also die Anleihen, doch
00:01:43: eher eine starke Zinssenkung und damit verbunden eine Rezession erwarten lassen, wohin gegen
00:01:51: die Aktienmärkte in Freude auf ein gutes Jahr 2020, quasi ein Goldilockszenario an die
00:01:59: Wand malen mit tieferen Zinsen und einem, sagen wir mal, ganz ordentlichen Wachstum.
00:02:05: Was haben denn die USA-Arbeitsmarktdaten damit zu tun, weil die haben ja eigentlich gerade
00:02:09: die Hoffnung auf eine Frühzinssenkung gedämpft und trotzdem läuft es an der Börse, die rätselhafte
00:02:15: Aktien-Rallye wahrzulesen?
00:02:16: Ja, es ist tatsächlich so, dass mit den Arbeitsmarktdaten in den USA auch die Zinsen ein bisschen
00:02:22: wieder nach oben gegangen sind und auch ein klein wenig die Erwartungen an die Notenbanken
00:02:28: rausgegangen sind.
00:02:29: Das wurde aber dann mehr oder weniger sofort an den Märkten wieder kassiert, als die
00:02:34: Universität auf Michigan ihre Inflationserwartungen bekannt gegeben hat.
00:02:39: Hier werden Haushalte befragt nach den Inflationserwartungen, also nicht die am Markt gepreisten.
00:02:44: Und diese sind immer noch relativ hoch, sind aber deutlich tiefer, als sie noch im Vormonat
00:02:50: waren, also beispielsweise auf ein Jahr von 4,5 auf 3,1 Prozent zurückgegangen.
00:02:57: Und damit hat sich der Markt dann eben doch schon wieder ein Stück weit beruhigt und
00:03:01: malt, wie gesagt, dieses Szenario der besten aller Welten, also eine relativ gute Konjunktur,
00:03:08: damit gute Gewinnaufsichten für die Unternehmen und auf der anderen Seite eine rückläufige
00:03:13: Inflation und damit Notenbanken, die aus guten Gründen, nämlich weil die Inflation zu tief
00:03:18: ist, sehr stark die Axt an die Zinsen anlegen werden.
00:03:22: Der Markt erwartet 6 Zinssenkungen für 2024 sowohl in Europa wie auch in den Vereinigten
00:03:29: Staaten von Amerika.
00:03:30: Das halte ich ehrlich gesagt für ein bisschen übertrieben.
00:03:33: Dann gab es noch eine ganze spannende Erklärung Börsenpsychologie.
00:03:36: Die Hosse treibt die Hosse, dass immer mehr Investoren eben den steigenden Kursen hinterherlaufen.
00:03:41: Wir kennen das aus Angst, etwas zu verpassen, muss man dann ganz schnell noch einsteigen.
00:03:45: Ist deswegen vielleicht auch mit dem nahen Jahresende jetzt so starke Bewegung im Markt
00:03:50: oder ist das zu einfach?
00:03:51: Ja, das ist sicherlich eine sehr einfache Erklärung.
00:03:54: Nichtsdestotrotz ist sie ja schlüssig, weil natürlich auch vor dem Hintergrund des Window-Dressings
00:03:59: jetzt die Asset-Manager, die Sektoren und auch Aktien zeigen wollen, die natürlich gut
00:04:04: performt haben in diesem Jahr.
00:04:06: Und das sind ja allen voran, die sogenannten Awesome-Aid.
00:04:09: Also die großen amerikanischen Technologiewerte, die fast 90 Prozent mittlerweile vorne liegen
00:04:16: im Durchschnitt.
00:04:17: Und wer die nicht ausreichend im Portfolio hat, der geht natürlich auf der einen Seite
00:04:20: ein großes Risiko, seine Benchmark nicht zu schlagen.
00:04:23: Und auf der anderen Seite muss er jetzt zukaufen, um die dann eben über den Jahreswechsel auch
00:04:28: in den Reports ausweisen zu können.
00:04:30: Also insofern mag das schon sein, dass hier die Hosse sich auch selbst ernährt und in
00:04:35: einer gewissen Weise eine selbst erfüllende Prophezeiung ist.
00:04:38: Dann gibt es auch eine weitere, wie ich auch für eine relativ einfache Erklärung, aber
00:04:43: vielleicht ist auch da was dran.
00:04:45: Egal, wann die Notenbanken die Zinsen senken, die Hauptsache ist, dass die Zinsen nicht
00:04:49: mehr weiter steigen werden.
00:04:51: Ist auch eine sehr einfache Begründung, oder?
00:04:54: Ja, aber auch diese würde ich nicht völlig von der Hand weisen, denn es kommt am Ende
00:04:58: nicht so sehr auf das Zinsniveau an, sondern es kommt auf die Veränderungsrate an.
00:05:05: Und wir haben natürlich einen spektakulär und fast beispiellosen Anstieg der Zinsen
00:05:11: gesehen in den letzten Monaten.
00:05:13: Und wenn das jetzt tatsächlich zu einem Ende kommt und die ersten Zinssenkungen in Aussicht
00:05:18: stehen, dann beflügelt das natürlich die Fantasie der Investoren.
00:05:23: Wir gehen von drei aus, wie gesagt, der Markt von sechs.
00:05:27: Ich glaube, dass es möglicherweise gar nicht so das ganz große Entscheidende, das Wichtige
00:05:31: ist, wie du gerade saß.
00:05:32: Der Zinshöhepunkt dürfte überschritten sein und im nächsten Jahr dann die erste.
00:05:37: Das sind Senkungen anstehen.
00:05:39: Wir erwarten sie allerdings und deswegen sind wir nicht ganz so bulisch auf den Markt.
00:05:43: Etwas später, als das der Markt tut, also erst im Sommer des nächsten Jahres und nicht
00:05:49: schon im ersten Quartal.
00:05:50: Wenn wir uns diese ganze Gemengelage noch einmal kurz so zusammenfassend anschauen, sind Anleger
00:05:55: dann im Prinzip im Augenblick zu optimistisch?
00:05:58: Ist der Kursanstieg der letzten Wochen vielleicht ein bisschen zu stark?
00:06:02: Ich glaube Jessica, dass wir hier eine gewisse Übertreibung an den Märkten sehen.
00:06:06: Wir müssen uns einfach vergewertigen, dass die Anleihe-Märkte vor allem im langen Bereich
00:06:11: über ein Prozent Punkt nach unten tendiert sind in den Vereinigten Staaten, aber auch
00:06:16: in Europa.
00:06:17: Die Aktienmärkte sich nach den Tiefständen im Oktober wieder fantastisch erholt haben.
00:06:22: Viele Märkte, abgesehen von China, mittlerweile auf Jahreshöchstständen, sich bewegen.
00:06:29: Und insofern scheint der Markt doch hier sehr viel Euphorie Richtung der besten aller
00:06:34: Welten zu haben, niedrige Inflationen, Wachstum und dann rückläufige Zinsen.
00:06:39: Ich glaube, dass man hier kurzfristig ein bisschen Vorsicht walten lassen muss.
00:06:44: Es kann immer mal wieder zu einer Gegenbewegung kommen, wenn ich Recht habe, wenn wir Recht
00:06:48: haben und die Zinsen tatsächlich später angehoben werden.
00:06:52: Wir haben ja auch noch einen ganzen Sack voll Notenbank-Sitzungen in diesem Jahr.
00:06:56: Mal gucken, was denn da dann verlautbart wird.
00:06:59: Also vor dem Hintergrund wäre ich im Moment eher neutral bei Bonds und Aktien.
00:07:03: Ich würde aber, wenn wir noch mal eine Korrektur sehen, bei beiden zulegen, weil die Zinsen
00:07:09: schon auf einem relativ attraktiven Niveau sind und man mit dann von diesem korrigierten
00:07:15: Niveau aus möglicherweise doch noch mal Zinssenkungen dann auch noch in Kursen partizipieren kann.
00:07:21: Und wie gesagt bei den Aktienmärkten auch hier eine Korrektur jederzeit möglich.
00:07:25: Und dann sollte man zugreifen, aber nicht wild und breit überall, sondern schon bei den
00:07:30: Sektoren, die strukturelles Wachstum zeigen in den Vereinigten Staaten und bei einem
00:07:34: ausgewählten, wir sprachen ja glaube ich schon darüber, Value-Aktien, wo wir doch sehen,
00:07:40: dass das Geschäftsmodell stimmt und wir eben nicht in einer Value-Trap, wie so schön heißt,
00:07:44: also in einer Falle der billigen Aktien, die einfach auch billig bleiben gefangen sind.
00:07:49: Nun haben wir in den letzten Wochen jede Menge Jahresausblicke zu lesen, bekommen auch aus
00:07:52: eurem Hause.
00:07:53: Wenn ich mir die jetzt nochmal so anschaue, viele DAX-Kursziele für 2024 sind mittlerweile
00:07:59: schon erreicht.
00:08:00: Müssen die Ausblicke für 2024 überarbeitet werden oder wird 2024 ein Nullsummenspiel?
00:08:06: Was ja schade wäre?
00:08:07: Also da würde ich an das anknüpfen, was ich gerade schon gesagt habe Jessica.
00:08:11: Wir haben sicherlich eine sehr, sehr schnelle Bewegung jetzt im November/December gesehen.
00:08:16: Zinsen stark runter in der Erwartung, dass die Notenbanken die Zinsen senken werden.
00:08:21: Die Aktienmärkte haben darauf sehr positiv reagiert.
00:08:25: Ich halte beide Entwicklungen für ein bisschen zu schnell und würde erwarten, dass wir
00:08:30: hier nochmal eine Gegenbewegung sehen könnten, wenn tatsächlich diese Erwartungen ein Stück
00:08:37: weit zumindest enttäuscht werden.
00:08:39: Das halte ich durchaus für möglich, dass wir eben nicht im ersten Quartal schon Zinssenkungen
00:08:45: sehen, sondern erst gegen Sommer/24.
00:08:47: Wenn allerdings dann nochmal eine solche Gegenbewegung kommt, dann würde ich doch empfehlen, zuzugreifen
00:08:53: und das sowohl bei Aktien als auch bei Renten.
00:08:56: Das ist eigentlich ein sensationelles Schlusswort, aber ich möchte trotzdem noch einen Punkt
00:09:00: mit dir besprechen.
00:09:01: Und zwar ist mir aufgefallen, dass die Standardwerte besser laufen als die Nebenwerte.
00:09:06: Ist es ein deutsches oder ein weltweites Phänomen und warum ist das jetzt in der aktuellen
00:09:10: Lage so?
00:09:11: Also für das Gesamtjahr stimmt das.
00:09:13: Jessica aber auch hier haben sich die Investoren in den letzten Wochen ein bisschen anders
00:09:17: aufgestellt.
00:09:18: Wir haben hier auch noch ein paar Verteidigerungen gesehen, also gerade in den letzten Wochen,
00:09:24: dass die kleineren Werte immer noch aufs Jahr gerechnet, deutlich hinter den Großen
00:09:29: sind, aber aufholen.
00:09:30: Nicht dramatisch, aber sie sind schon Woche für Woche mit einer etwas besseren Performance
00:09:37: belegt.
00:09:38: Man kann das sehen am Russell 2000, wo die mit und Small Caps zusammengefasst sind, versus
00:09:44: den Russell 1000, wo die großen Aktien sind.
00:09:46: Man kann es aber auch am MSCI Europe Large bzw.
00:09:50: Small sehen, auch hier natürlich eine große Lücke zwischen den Großen und den kleinen
00:09:54: Aktien.
00:09:55: Aber wie gesagt, die Kleinen scheinen hier im Moment ein bisschen aufholen zu können.
00:09:59: Natürlich auch vor dem Hintergrund dieses Goldilocks-Szenario, wo wir eben keine Rezession
00:10:04: sehen, wo die Inflation zurückgeht, die Zinsen und die Unternehmen dann wahrscheinlich im
00:10:09: nächsten Jahr auch die Gewinnrezession hinter sich lassen werden.
00:10:12: Sollte ich also ein bisschen mehr Nebenwerte in mein Depot packen als Standardwerk, oder
00:10:17: würdest du soweit nicht gehen?
00:10:18: Wie sind die Chancen da?
00:10:19: Ich glaube Richtung 2024 kann man das durchaus tun.
00:10:24: Es ist durchaus ungewöhnlich, dass die kleineren Aktien so schlecht performen, wesentlich schlechter
00:10:31: als die großen, dass sie auch mittlerweile im Preisbuch unter den großen Aktien liegen.
00:10:37: Also das sind schon Dinge, die sind außergewöhnlich.
00:10:40: Natürlich müssen wir immer beachten, hier die großen Technologiewerte, die die ganzen
00:10:45: Index ein wenig verfälschen.
00:10:46: Aber ich glaube Richtung 2024 lohnt es sich auch mal in die kleinen Unternehmen hinein
00:10:53: zu gucken und da das ein oder andere zu picken.
00:10:55: Wunderbar.
00:10:56: Und wenn es runtergeht an der Börse, denken wir über Nachkäufe, Zugkäufe nach.
00:11:00: Auch das habe ich gelernt.
00:11:01: Vielen Dank für diese Perspektiven.
00:11:03: To go.
00:11:04: Sehr gerne.
00:11:05: Danke.
00:11:06: Danke.
00:11:07: Danke.
00:11:08: Danke.
00:11:09: Danke.
00:11:10: Danke.
00:11:11: [Musik]